Anleitung: Reinigung der Einlassventile eines BMW 335i mittels Strahlgerät aufgrund von Verkokung - Bericht
Vorwort
Moderne Motoren arbeiten heutzutage sehr oft mit direkter Benzineinspritzung, da sich bei diesem Verfahren ein Verbrauchsvorteil gegenüber konventioneller Benzineinspritzung ergibt sowie die Leistung in Relation zur Größe des Hubraums steigt. Der ursprünglich im BMW 335i eingesetzte Reihensechszylinder mit der Kennung N54 ist ebenfalls ein Direkteinspritzer; dies bedeutet vor allem, dass der Kraftstoff direkt in den Brennraum eingespritzt wird und nicht in das Saugrohr. Dies hat zur Folge, dass sich das Einspritzventil nicht mehr vor dem Einlaßventil befindet, sondern direkt im Zylinder.
Nachteil hiervon ist, dass die bei Motoren mit konventioneller Einspritzung regelmäßige Umspülung der Einlaßventile mit Kraftstoff und damit deren Reinigung nicht mehr stattfindet. Vielmehr werden die Einlaßventile nur noch durch Lumft umströmt, und darin befinden sich sog. Blowby-Gase aus der Kurbelgehäuse-Entlüftung, in denen Benzin und Öl enthalten ist. Dieses Gemisch lagert sich langfristig in den Einlaßkanälen und an den Einlaßventilen ab; man spricht dann von einer Verkokung. Für den Motor ist das zwar nicht unmittelbar schädlich, beeinträchtigt aber die optimale Funktionsweise der Einlaßkanäle (da dort ungewünschte Verwirbelungen entstehen) sowie der Einlaßventile. Wenn Letztere stark verkokt sind, schließen sie nicht mehr richtig und es kommt zu einer Reihe von Symptomen wie Ruckeln, schwankendem Leerlauf und Vibrationen.
Da diese Verkokung bei Direkteinspritzern konstruktionsbedingt ist, kann man sie nicht verhindern. Die Benutzung von Additiven im Benzin bringt hierbei überhaupt nichts, da wie beschrieben der Kraftstoff die Einlaßkanäle / -ventile überhaupt nicht erreicht; die Benutzung von Wasser-/Methanol-Einspritzunganlagen kann die Verkokung aufgrund der Reinigungswirkung des Methanols gegebenenfalls verlangsamen, aber auch nicht verhindern. Zeitweise wurde auch über eine Reinigung durch Einspritzung von Reinigungsmittel direkt ins Laderohr (z.B. mit Seafoam) diskutiert, jedoch ist auch diese Methode nur wenig effizient, da die Verkokungen fast immer derart hartnäckig sind, dass sie damit nicht zu entfernen sind.
Methoden
Es gibt prinzipiell zwei Methoden zur Reinigung der Einlaßventile und -kanäle. Die sehr aufwendige Methode besteht in der kompletten Demontage des Zylinderkopfes, Einlegen der Ventile in eine sehr agressive Reinigungslösung für mindestens 48 Stunden und manuellem Nachreinigen. BMW Saarbrücken hatte mir dafür einen Kostenvoranschlag von 3500 EUR gemacht.
Eine abgewandelte (und wesentlich weniger aufwendige) Variante dieser Methode ist, die Reinigung mittels Flüssigkeit durchzuführen, ohne den Zylinderkopf zu demontieren. Das hat allerdings den Nachteil, dass man in der Regel nur einen Einlaßkanal / -ventil auf einmal reinigen kann, da zur Vermeidung von Flüssigkeitseintritt in den Zylinder das Ventil dicht geschlossen werden muss, und in der Regel nur ein Ventil von sechs gleichzeitig geschlossen ist. Da man je nach Zustand der Verkokung das Ventil bzw. den Kanal 48 Stunden einwirken lassen muss, dauert das entsprechend lange. Darüber hinaus muss man auch bei Verwendung sehr agressiver Chemikalien noch intensiv nachreinigen, da die Verkokungen in der Regel sehr hartnäckig sind.
Die von mir gewählte und hier beschriebene Methode ist die Reinigung von Einlaßkanal und Einlaßventil mittels eines Strahlgerätes. Dieses ist mittels Druckluft unter Druck gesetzt (6-8bar) und spritzt feines Nußschalen-Granulat in den Einlaßkanal. Die feinen Körner des Granulats entfernen damit die Verkokung rückstandslos, sind aber gleichzeitig so weich (daher darf auch kein anderes Granulat verwendet werden), dass sie den Einlaßkanal bzw. die Ventile selbst nicht angreifen. Die Vorteile dieser Methode liegen auf der Hand: Einerseits ist eine aufwendige Demontage des Zylinderkopfes nicht notwendig, andererseits ist diese Methode sehr schnell (nur einige Sekunden pro Kanal sind notwendig) und effizient.
Wo bzw. womit macht man so etwas?
Da in den US-Foren diese sog. "walnut shell blasting"-Methode offensichtlich recht verbreitet ist und dort neben reinen BMW-Werkstätten auch freie Werkstätten einen solchen Service anbieten, war ich davon ausgegangen, dass dies auch in Deutschland und Umgebung so sei. Aber: Fehlanzeige! In meinem Umkreis bot lediglich die Luxemburger BMW-Vertretung (Kontz) dies an, allerdings zu einem prohibitiven Preis von 1000-1500 EUR. Da ich wußte, dass das von BMW verwendete Strahlgerät selbst nur 650 EUR kostete, kam das für mich nicht in Frage.
Ich habe mir daher die BMW-Teile-Nr. dieses sog. "Strahlmittelgerätes" besorgt (81 29 2 208 034) und es bei einem Teile-Versand bestellt (da BMW dieses scheinbar nicht direkt verkauft). Grundsätzlich kann man wohl auch jedes andere Strahlgerät verwenden, aber ich entschied mich für das von BMW, da man da (i) nichts falsch machen konnte und (ii) praktische Adapter gleich mitgeliefert werden sollten.
Auch wenn das Gerät eine BMW-Teile-Nr. besitzt, wird es dennoch nicht von BMW hergestellt, sondern von einer deutschen Firma namens TKR Group (Website TKR Group); dort nennt sich das Gerät "Granulat-Punktstrahlgerät PG 5-8".
Das Granulat habe ich über die Firma ESSKA gekauft; dort kostet ein 25 Liter-Sack Granulat (Körnung 0.45 bis 1mm) 65,45 EUR inkl. MwSt und Lieferung.
Da ich selbst über keinerlei KFZ-technische Erfahrung oder Geschick verfüge, habe ich die gesamte Operation zwei Freunden von mir überlassen, von denen einer auch ein ausgebildeter KFZ-Mechaniker ist. Neben dem o.g. Strahlgerät benötigt man außerdem noch (i) einen Druckluft-Kompressor für 6-8bar (am besten mit relativ großer Kapazität) und einen kräftigen Industrie-Staubsauger, der das eingespritzte Granulat während des Reinigungsvorgangs und danach wieder absaugt.
Umsetzung
Zunächst wird mit dem Strahlgerät natürlich auch eine ausführliche Bedienungsanleitung geliefert. Wer darauf schonmal einen Blick werfen möchte, hier ist ein Link zur englischen Fassung davon: BMW Strahlgerät - Anleitung (engl.)
Ein erstes Problem zeigte sich beim Auspacken des Kartons, in dem das Strahlgerät verschickt worden war: Der oben erwähnte BMW-spezifische Adapter, mit dem das Strahlgerät auf den jeweiligen Einlaßkanal aufgesetzt wird und der verhindert, dass aus dem Kanal beim Reinigungsvorgang Granulat in den Motorraum austreten kann, war nicht dabei. Ich habe das natürlich reklamiert und mir den Adapter noch nachbestellt (BMW Teile-Nr. 81 29 2 208 037; kostet etwa 30 EUR), aber zu dem Zeitpunkt war es dann schon zu spät. Also: Improvisation! Letztlich haben wir einen Gummi-Schlauch genommen, ein winziges Loch hineingeschnitten, in welches die Strahl-Pistole eingeführt wurde, und welcher am oberen Ende mit dem Ansaug-Schlauch des Staubsaugers verbunden wurde. Auf der anderen Seite wurde der Schlauch mit Klebeband am Einlaßkanal befestigt, so dass möglichst kein Strahlmittel auftreten konnte. Funktionierte gut! (auch wenn es mit dem Adapter deutlich einfacher wäre) Aber der Reihe nach.
a) Demontage Ansaug-Krümmer
Zunächst muss der Ansaug-Krümmer demontiert werden, damit die sechs Einlaßkanäle freigelegt werden. Dazu muss die Motor-Abdeckung entfernt werden und eine Reihe von Ansaug-Rohren (bei mir: der Cold Air Intake) teilweise demontiert werden, da man ansonsten nicht genügend Platz hat, um den Krümmer abzuziehen. So sieht das aus:
Demontierte Motor-Abdeckung
Blick auf den Krümmer und bereits demontierte Ansauganlage
Blick auf die Einlaßkanäle nach Demontage des Krümmers
Direkter Blick auf die freigelegten Einlaßkanäle
b) Inspizierung des Grades der Verkokung der Ventile
Nachdem der Krümmer abmontiert ist, kann man ungehindert einen Einblick in die Einlaßkanäle mit den Einlaßventilen werfen. Diese sahen angesichts der Fahrleistung meines Fahrzeuges (77.000km) eigentlich noch verhältnismäßig gut aus, auch wenn man schon eine beträchtliche Menge an Ablagerungen erkennen kann. Das Fahrzeug eines meiner Freunde mit wesentlich geringerer Laufleistung sah nochmal deutlich schlechter aus. Zur Illustration wieder ein paar Fotos:
Blick auf den Einlaßkanal des ersten Zylinders (1)
Blick auf den Einlaßkanal des ersten Zylinders (2)
Blick auf den Einlaßkanal des zweiten Zylinders (1)
Blick auf den Einlaßkanal des zweiten Zylinders (2)
c) Abdecken des Motorraums und der Einlaßkanäle
Da wir ja den leider nicht mitgelieferten Adapter improvisieren mussten, haben wir zur Sicherheit den Motorraum mit einer Plastikfolie abgedeckt und die übrigen Einlasskanäle mit Klebeband abgedeckt. Ich gehe zwar davon aus, dass selbst wenn etwas von dem Granulat in den Zylinder geraten wäre, dies aufgrund der Weichheit des Granulats keinerlei Konsequenzen gehabt hätte; aber um jedem Risiko aus dem Weg zu gehen und nicht soviel Dreck zu machen, haben wir alles schön abgedeckt; ebenso die Stutzen der Ansauganlage. Hier ein paar Bilder:
Abgedeckte Einlaßkanäle
Abdeckung des Motorraums durch Plastikfolie
d) Benutzung des Strahlgerätes
Zunächst ein Foto des Strahlgerätes, damit man sich darunter etwas vorstellen kann:
Und das hier wäre der Adapter gewesen, wenn er denn mitgeliefert worden wäre:
Die Arbeitsschritte zur Benutzung des Strahlgerätes sind eigentlich recht einfach. In Stichworten:
- Anschließen des Strahlgerätes an die Druckluftleitung
- Granulat einfüllen (der Behälter im Gerät faßt etwa 5 Liter)
- (improvisierten) Adapter mit Einlaßkanal verbinden
- Strahlgerät unter Druck setzen und Staubsauger starten
- ca. 5-8 Sekunden den Einlaßkanal reinigen
- Ausblasen des Kanals mit Druckluft, Absaugen von Granulat-Resten
- Strahlgerät abstellen, Staubsauger abstellen, Befüllung Granulat-Behälter prüfen
- Auswischen der Einlaßkanäle mit Bremsenreiniger
- über den Anlasser den Motor einmal weiter rotieren lassen, so dass das nächste Ventil geschlossen ist
- alles wiederholen, bis alle 6 Einlaßkanäle + Ventile gereinigt sind
Und so sehen die Einlaßkanäle und Ventile nach dem Reinigungsvorgang aus:
Gereinigter Einlasskanal und Ventil (1)
Gereinigter Einlaßkanal und Ventil (2)
Gereinigter Einlaßkanal und Ventil (3)
Ich denke, die Fotos sprechen für sich - alles sieht blitzeblank aus, wie neu. Wir waren sehr positiv von dem Reinigungs-Effekt überrascht und hätten uns nicht vorgestellt, dass lediglich einige Sekunden dieses Reinigungsprozesses eine derart durchschlagende Wirkung haben könnten. Wirklich perfekt!
Der Verbrauch an Granulat ist vergleichsweise hoch, was an dem hohen Druck liegt, mit dem es in den Einlaßkanal gespritzt wird. Mit dem Strahlgerät wurde ein kleiner Sack mit 5 Litern Granulat geliefert; der reicht aber höchstens für die Reinigung von zwei der sechs Einlaßkanäle. Insgesamt haben wir diesen und etwa ein Drittel eines 25 Liter-Sacks verbraucht, etwa 12 Liter insgesamt würde ich sagen.
5. Und wie geht's weiter? Wie lange dauert das alles?
Nach der Reinigungs-Prozedur muss natürlich wieder alles zusammengebaut werden, in umgekehrter Reihenfolge. Dazu brauche ich wohl nichts weiter zu schreiben.
Alles in allem hat die gesamte Prozedur inkl. Demontage und Montage des Krümmers gut drei Stunden gedauert. Dabei haben wir allerdings zu zweit gearbeitet; alleine würde es wohl ein wenig länger dauern. Hätten wir auf der anderen Seite den richtigen Adapter bereits gehabt, wäre es sicherlich nochmal schneller gegangen.
6. Merkt man etwas davon?
Das ist sicherlich die Frage, die Euch (und auch mich!) am meisten interessierte. Um es vorwegzunehmen: Ja! Man merkt einen Unterschied. Es ist - zumindest in meinem Fall - nicht wie Tag und Nacht; aber das Fahrzeug nimmt spürbar besser Gas an, nahezu verzögerungsfrei, und der Leerlauf ist jetzt wieder so ruhig wie zu dem Zeitpunkt, als ich den Wagen neu gekauft hatte. Exzellent! Genau das, was ich mir hiervon erwartet hatte. Ob das jetzt auch leistungsmäßig einen Unterschied macht, kann ich nicht sagen - vielleicht schon, aber bei einem Fahrzeug mit über 300 PS wird man das wahrscheinlich nicht merken.
Ich würde das für jedes Fahrzeug wärmstens empfehlen, welches eine Laufleistung von 50.000 - 70.000 km hat; eigentlich sollte das meiner Meinung nach eine ganz normale Wartungsleistung seitens BMW sein. Die stellen sich allerdings auf den Standpunkt, dass das nur gemacht werden muss, wenn Fehlermeldungen oder handfeste Probleme auftreten. Ich bin der Ansicht, dass man solange gar nicht erst warten sollte, zumal der Aufwand mit dem richtigen Gerät nun wirklich nicht sehr hoch ist.
7. Kann ich das auch machen lassen?
Als ich mir das Strahlgerät zugelegt habe, war eine meiner Überlegungen, dass ich dieses für mich selbst nach der Reinigung ja vermutlich für einen längeren Zeitraum nicht brauchen würde. Um es nicht ungenutzt bei mir im Keller stehen zu lassen und meine Investition darin zu amortisieren, habe ich mir daher überlegt, diese Reinigung bei Interesse auch anderen Leuten mit einem 335i oder 135i bzw. Alpina B3 (S) Biturbo anzubieten (andere Motoren bzw. Fahrzeuge zunächst eher nicht, da ansonsten zusätzliche Schwierigkeiten auftreten können, die wir nicht einschätzen können). Dabei würde ich das (natürlich) nicht selbst durchführen, sondern mein Bekannter als KFZ-Mechaniker würde das machen, dem ich dafür das Gerät zur Verfügung stellen würde. Verschicken möchte ich das Gerät nicht (ist auch recht schwer), daher müßten Interessierte schon nach Luxemburg kommen.
Ich gehe mal davon aus, dass das vor allem für Leute aus meiner Umgebung (Luxemburg) in Frage kommt. Durchgeführt werden könnte das nach Terminabsprache an Wochenenden, oder ggf. auch abends, je nach Verfügbarkeit.
Da ich das ja nicht kommerziell mache (und auch nicht machen möchte), sondern lediglich anderen Auto-Enthusiasten einen praktischen Service vermitteln möchte, bitte ich bei Interesse um PN an mich, v.a. für Preisanfragen. Ihr könnt aber davon ausgehen, dass das weit weniger als die von mir anfangs genannten BMW-Preise kosten wird.
So, ich hoffe dieser Bericht war informativ und hilft allen weiter, die an einer solchen Reinigung interessiert sind - auch und vor allem denjenigen, die weiter weg von mir wohnen und vielleicht daran interessiert sind, so etwas selbst durchzuführen.
Alpina_B3_Lux
Diese Anleitung wurde von dem User Alpina_B3_Lux aus dem E90-Forum.de zu Verfügung gestellt.